Marke der Woche: Draufgesetzt!

Plumpsklo_Briefmarke_Finnland_HolzhausUnsere heutigen Briefmarken der Woche stammen aus dem Land der tausend Seen, der Mitternachtssonne und des Qualitätswodkas: Finnland. In einem Fotowettbewerb hatte die Postverwaltung dieses schönen Landes dazu aufgerufen, die ausgefallendsten und schönsten Vertreter einer ganz besonderen architektonischen Gattung zu dokumentieren, nämlich der Plumpsklos. Die vier Siegerfotos erscheinen am 8. März auf Sondermarken zum Tarif Inland 2. Klasse.

Die Geschichte der Menschheit ist schon immer auch eine Geschichte der Verrichtung gewesen. Wo viele Menschen zusammenkommen, zusammen essen und trinken, da kommt auch so manch anderes zusammen und das möchte man eigentlich nur schnell wieder loswerden. Während die primitive Antike sich den Kopf zerbrach, wie man Flüsse umleiten könne, um das erledigte Geschäft in stetem Fluss zu entsorgen, griff das aufgeklärt Mitteleuropa auf weitaus pragmatischere Lösungen zurück und schüttete den Nachttopf einfach aus dem Fenster. (…weiter…)Wohl dem, der im Obergeschoss wohnte und dazu noch eine günstige Windrichtung am Fenster hatte. Verfügte man hingegen über viel, viel Geld, nannte gar eine Burg sein Eigen, dann konnte es schon etwas architektonischer im Abgang werden. Plumpsklo_Briefmarke_Deutschland_BurgMan denke etwa an den Dansker der Burg Marienwerder. Ein gewaltiger Turm erhebt sich dort rund einhundert Meter vor der Bischofsburg, erreichbar durch einen gemauerten Brückengang. Was aussieht wie eine vorgeschobene Verteidigungsanlage, war doch in Wirklichkeit nur ein Abtritt, auf dem man vor Feindeshand geschützt und möglichst weit weg vom Rest der Burg sein Geschäft verrichten konnte. Aborterker und Verteidigungserker waren oft nicht voneinander zu unterscheiden, zumal sie auch im Resultat beide mit einer ähnlichen Abschreckungswirkung aufwarten konnten. Allerdings mussten sie dazu in einer gewissen Höhe angebracht sein, sonst konnte es einem gehen wie dem unglücklichen Gottfried dem Buckligen von Lothringen, dem ein feiger Meuchelmörder sein Schwert durch das Windloch in den Allerwertesten rammte.

Plumpsklo_Briefmarke_Finnland_LeuchtturmPlumpsklo_Briefmarke_Finnland_TurmDem modernen Reisenden ist diese Angst nicht fremd, auch wenn sein Podex eher selten von Schergen im Kettenhemd bedroht wird. Nein, es sind die kleinen Quälgeister, die blutdürstig nach einem Flecken entblößter Haut suchen. Wer einmal in Schweden oder Finnland mit dem Zelt unterwegs war, kennt die angespannte Ruhe vor dem ersten feinen Summen. Kaum zum Abschluss gekommen, wird die Hose hektisch hochgezogen und im Laufschritt die Flucht vor der dunklen Wolke den nahenden Blutsauger angetreten. Die Bewohner dieser Waldgebiete hingegen haben sich mit jener Last arrangiert. Sie bauen, aus Rücksicht auf Familie und Appetit, kleine Häuschen an den Rand des Grundstücks, die sie Tag und Nacht frequentieren, um sich auf ein hölzernes Brett zu setzen und sich über einem tiefen Loch in der Erde zu erleichtern. Gerüchten zufolge herrscht dort ein so ohrenbetäubender Gestank, dass sogar die Mücken ohnmächtig zu Boden sinken. Aber das Auge schnüffelt bekanntlich mit und die von der Post zu Markenehren erhobenen Plumpsklos sind eine wahre Augenweide. Verglichen mit den futuristischen WC-Anlagen deutscher Großstädte, in denen alles vollautomatisch geschieht, bis hin zu sprechenden Klokabinen, die der Verfasser persönlich für eine absolute Zumutung hält, stellt sich doch bereits beim Betrachten der kleinen Häuschen eine gewisse Entspannung ein. Und wenn der Wind günstig weht, kann man ja einfach die Tür offen lassen und den unverstellten Blick auf Wälder und Seen genießen.

Hut ab vor dieser schönen Motiv-Idee!

 

Plumpsklo_Briefmarke_Finnland_Stroh

 


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Authored by: Jan Sperhake

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